Ein Gastbeitrag von Dr. Markus Beermann und Thilo Marenbach – Partner bei ECOVIS
Seit 2017 müssen kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern über die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit berichten. Das heißt, in ihren Jahresberichten oder separaten Reports muss jetzt wesentlich detaillierter als zuvor auf Umwelt- und Arbeitnehmerangelegenheiten eingegangen werden. Für sehr viele mittelständische Unternehmen bedeutet das, dass sie ihrerseits wegen der höheren Erwartungen ihrer Stakeholder beinahe schon zur CSR-Berichterstattung gezwungen sind. Auf nationaler und auf EU-Ebene gibt es ebenfalls Initiativen im Bereich Sustainable Finance, die eine CSR-Berichterstattung für mittelständische Unternehmen zur Pflicht machen wollen.
Wer sind die Stakeholder? In erster Linie sind es die berichtspflichtigen Kunden. Unternehmen, die zur Berichterstattung verpflichtet sind, müssen sich auf jeden Fall auch mit der Nachhaltigkeit ihrer Zulieferer befassen. Und wollen diese als Lieferanten gelistet bleiben, haben sie die entsprechenden Informationen bereitzustellen. Weitere wichtige Stakeholder sind die externen Kapitalgeber, also Banken und Investoren. Darüber hinaus sind aber auch die eigenen und potenzielle neue Mitarbeiter, Kunden sowie die allgemeine Öffentlichkeit an Nachhaltigkeitsthemen interessiert.
Doch was bedeutet das für die Mittelständler, welche Herausforderungen kommen auf sie zu? Und wie hoch ist der Aufwand der CSR-Berichterstattung? Lohnt der sich überhaupt?
Voraussetzung für Berichterstattung – Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln
Zunächst einmal muss sich eine Firma intern mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Was folgt, ist die Bestandsaufnahme sämtlicher Aspekte, die Nachhaltigkeit betreffen. Dazu werden alle betriebseigenen Abläufe und Prozesse erfasst, um herauszufinden, wie nachhaltig die eigene unternehmerische Tätigkeit ist. Das schließt alle Funktionen und Bereiche des Unternehmens ein.
Sehr schnell zeigt sich, dass der Aufwand überschaubarer ist als erwartet. Denn manche Daten, die für die Berichterstattung wichtig sind, werden aus anderen Gründen längst erhoben. Allen voran sind hier die Aktivitäten bei der Arbeitssicherheit und beim Umweltschutz zu nennen. Und mit zahlreichen weiteren Fragen zum Thema Nachhaltigkeit haben sich die meisten Unternehmer ebenfalls schon befasst.
Für die einzelnen Unternehmensbereiche gilt im Allgemeinen folgendes:
Personal– bzw. Arbeitnehmerangelegenheiten sind ein wesentlicher Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie. Es geht um Themen wie Arbeitsschutz, Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz, equal-pay oder flexible Arbeitszeitmodelle. Doch dafür interessieren sich die meisten Unternehmer sowieso, wenn sie als attraktiver Arbeitgeber die besten Talente der Branche beschäftigen wollen.
Produkte: Hier geht es um die Frage, ob die hergestellten Güter und Dienstleistungen über ihren gesamten Produktlebenszyklus nachhaltig sind. Wie groß ist der Ressourcenverbrauch? Und was passiert mit den Produkten, wenn sie das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben? Hieran schließen sich direkt die Themen Produktion, Einkauf und Vertrieb an. Die gesamte Lieferkette ist auf ihre Nachhaltigkeit hin abzuklopfen.
Produktion: Unter welchen Bedingungen werden die Produkte hergestellt? Welche Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe werden verwendet? Sind diese endlich und wenn ja, gibt es Alternativen?
Einkauf: Welche Lieferanten hat das Unternehmen? Sind diese ihrerseits nachhaltig geführt und stehen sie auch künftig zur Verfügung?
Vertrieb: Wer sind meine Kunden? Was wird heute und vor allem in der Zukunft nachgefragt? Und wie werden die verkauften Produkte genutzt? Als Beispiel für die Brisanz dieses Themas sei hier nur die Rüstungsindustrie genannt.
Controlling, Berichtswesen: Sämtliche ermittelten Informationen sind in ein zweckmäßiges und stabiles Reportingsystem zu übertragen. Nur mit einer hohen Datenqualität lassen sich später Veränderungen messen und somit ein aktives Nachhaltigkeitsmanagement im Unternehmen installieren.
Vorteile der Berichterstattung – Warum sich der Aufwand lohnt
Liegen alle Daten vor und ist ein Reportingsystem installiert worden, dann fällt der logische Schritt zur Berichterstattung relativ leicht. Auch eine stabile Reportinglinie macht Sinn, um die fortlaufend gesammelten Informationen in einem Bericht für eine breitere Öffentlichkeit zusammenzufassen. Und das hat nur Vorteile. Denn: In der Außendarstellung signalisiert ein Nachhaltigkeitsbericht immer, dass sich ein Unternehmen beim Umweltschutz, beim Umgang mit Ressourcen und bei den Arbeitnehmerangelegenheiten engagiert. Das gilt auch als wichtiges Signal an potenzielle Mitarbeiter und Kunden, die sich über ein Unternehmen vermutlich zuerst über dessen Internetauftritt und die dort veröffentlichten Publikationen informieren.
Ein CSR-Bericht ist zum Beantworten von Fragen zur betrieblichen Nachhaltigkeit ebenso nützlich wie zu Fragen zur Unternehmensstrategie. Denn wer sich mit der Lösung von Fragen zur Nachhaltigkeit beschäftigt, der löst damit immer auch zentrale unternehmerische Zukunftsfragen. Heutige Geschäftsmodelle können morgen bereits überholt sein – z. B. wenn wichtige Ressourcen nicht mehr zur Verfügung stehen. Oder wenn sich die Nachfrage immer stärker an Nachhaltigkeitsaspekten orientiert und sich Produkte nur noch verkaufen lassen, wenn sie auch tatsächlich nachhaltig sind. CSR-Berichterstattung zwingt also dazu, die aktuelle Unternehmensstrategie regelmäßig zu hinterfragen.
Wer die Grundsätze der Nachhaltigkeit beherzigt, wird belohnt
Ein Unternehmen, das sich heute nicht mit dem Thema Nachhaltigkeit befasst, hat den Anschluss mehr oder weniger verloren. Dazu ist das Thema mittlerweile auch in der Öffentlichkeit einfach zu präsent. Eine Nachhaltigkeitsstrategie und deren öffentliche Kommunikation werden immer dann als „Greenwashing“ abgetan, wenn das Unternehmer nicht wirklich erkennbar hinter den Grundsätzen der Nachhaltigkeit steht. Steht es jedoch dazu und bleibt dabei authentisch, ist der Lohn ein ökologischer und sozialer „Tiefgang“, den alle Stakeholder in besonderer Weise honorieren und sich so an das Unternehmen binden lassen.
Auf dem ECOVIS-Blog erzählt Andreas Severin in seinem Gastbeitrag von der Aufgabe, vor die das Lieferkettengesetz Unternehmen stellt.
Dr. Markus Beermann
Wirtschaftsprüfer
Vorstand der ECOVIS Audit AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Begann seine Laufbahn bei der Arthur Andersen AG in Frankfurt wonach er zur WAZ Medien Gruppe wechselte. Seit 2013 bei ECOVIS tätig. Schwerpunkte in der Unternehmensbewertung und nachhaltigen Transformation.
Thilo Marenbach
Wirtschaftsprüfer/Steuerberater
Vorstand der ECOVIS Audit AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Nach Ausbildung und Studium zunächst für Ernst & Young tätig. Seit 2018 bei ECOVIS. Tätigkeitsschwerpunkt neben der Prüfertätigkeit insbesondere im Bereich CSR-Reporting und Sustainable Finance.
Zu ECOVIS:
ECOVIS ist ein internationaler Zusammenschluss von Wirtschaftsprüfer, Steuerberatern und Rechtsanwälten mit Hauptsitz in Deutschland, wo es zu den Top 10 der Branche zählt. In über 100 deutschen Büros arbeiten fast 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Weltweit sind es fast 8.500 in nahezu 80 Ländern. ECOVIS betreut und berät Familienunternehmen, inhabergeführte Betriebe sowie Freiberufler und Privatpersonen. Um das wirtschaftliche Handeln seiner Mandanten nachhaltig zu sichern und zu fördern, bündelt ECOVIS die nationale und internationale Fach- und Branchenexpertise aller Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Unternehmensberater. (zur Homepage: www.ecovis.com )