CSRD READY? HEUTE: WOHNUNGSWIRTSCHAFT
Während sich die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in deutsches Recht weiter verzögert und es fraglich ist, ob das neue Gesetz tatsächlich zum 1. Januar 2025 in Kraft treten wird, erkennen die neu von der Richtlinie betroffenen Unternehmen zunehmend, was auf sie zukommt. Grund genug, in unserer Praxisreihe „CSRD Ready?“ immer mal wieder einen Blick auf die Herausforderungen zu werfen, denen sich Unternehmen bei der Umsetzung der neuen Nachhaltigkeitsberichterfordernisse gegenübersehen. Dabei stehen für uns Perspektiven von mittelständischen Unternehmen im Vordergrund, die bisher kaum oder wenig Erfahrung mit Nachhaltigkeitsberichten sammeln konnten, deren Bedingungen wir aber aus unserer Beratungspraxis kennen. Jede Branche weist hier spezifische Besonderheiten auf, die in der frühen Konzeption des Berichtsprojektes zu berücksichtigen sind. In unserem heutigen Beitrag befassen wir uns mit der Wohnungswirtschaft.
Gekommen, um zu bleiben. Neuland CSRD.
Mit der Einführung der CSRD sehen sich Unternehmen der deutschen Wohnungswirtschaft vor erhebliche Herausforderungen gestellt. Die Branche, die traditionell mittelständisch und regional strukturiert ist, steht nun vor komplexen Berichtsanforderungen, die für viele Unternehmen ein Novum darstellen. Die bisherigen Nachhaltigkeitsberichte basierten auf freiwilligen Standards wie dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) oder den GRI-Standards. Mit der CSRD wird dies zum Pflichtprogramm für eine Vielzahl an Unternehmen – viele von ihnen mussten bislang noch nie einen umfassenden Nachhaltigkeitsbericht vorlegen.
Warum CSRD eine besondere Herausforderung für die Branche darstellt
Die CSRD führt zu einer deutlichen Erweiterung des bisherigen Berichtsumfangs. Viele der betroffenen Wohnungsunternehmen erfüllen bereits Kriterien für die Berichtspflicht aufgrund ihrer finanziellen Größenordnung (mehr als 50 Mio. EUR Umsatz und eine Bilanzsumme über 25 Mio. EUR), ohne jedoch die typischen Kennzahlen von Großunternehmen aufzuweisen. Besonders für kleine und mittlere Wohnungsunternehmen, die zwar häufig kommunal gebunden, aber finanziell vergleichsweise klein aufgestellt sind, ist die Umsetzung der CSRD eine enorme Herausforderung. Diese Unternehmen müssen nun, zum Teil erstmalig, eine systematische Nachhaltigkeitsberichterstattung etablieren und dafür zusätzliche Kapazitäten aufbauen. Aber auch Unternehmen, die nach der Hochsetzung der Schwellenwerte vorerst von der Berichterstattungspflicht ausgenommen sind (z.B. Genossenschaften bis 500 Mitarbeitenden), tun gut daran, die gewonnene Zeit für eine sorgfältige Vorbereitung zu nutzen.
Branchentypische Herausforderungen in der Wertschöpfungskette und Wesentlichkeitsanalyse
Eines der signifikanten Probleme besteht darin, die branchenspezifische Wertschöpfungskette vollständig abzubilden. Während in der Immobilienwirtschaft Aspekte wie Bau, Instandhaltung und Modernisierung gut dokumentiert sind, stellt die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette, beispielsweise bei Zulieferern von Baumaterialien oder energetischen Sanierungsdienstleistern, ein großes Fragezeichen dar. Hier fehlt oft die Kontrolle über die Daten, weshalb viele Unternehmen mit Schätzungen arbeiten müssen. Dies kann die Aussagekraft der Berichte erheblich beeinflussen.
Ein weiterer Stolperstein ist die Wesentlichkeitsanalyse. Viele der kleineren Akteure sind weder mit dem Konzept der „doppelten Wesentlichkeit“ vertraut, noch haben sie geeignete Verfahren entwickelt, um die Wesentlichkeit von Nachhaltigkeitsthemen systematisch zu bewerten. Die Anforderungen an die Ermittlung sowohl der „Impact Materiality“ (Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft) als auch der „Financial Materiality“ (Einfluss auf finanzielle Ergebnisse) überfordert viele Unternehmen und führt zu Unsicherheiten. Schließlich realisieren die Unternehmen, dass Fehler in der Ermittlung des Wesentlichkeitsrahmens und in der Einschätzung der IROs schwerwiegende Auswirkungen auf die zu berichtenden Datenpunkte haben würden.
Überforderung durch neue Anforderungen der ESRS-Standards
Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) konkretisieren die CSRD-Anforderungen in einer Weise, die für viele Unternehmen der Wohnungswirtschaft praktisch nur schwer umsetzbar ist. Die ESRS setzen detaillierte Offenlegungspflichten zu Themen wie Klimaszenarien, Dekarbonisierungspfaden, Policies, Actions und Targets fest. Der Umgang mit Klimarisiken und die Ableitung auf einen Net-Zero-Transitionsplan ist besonders anspruchsvoll, da es sowohl technisches Know-how als auch ein tiefes Verständnis der Klimamodellierung erfordert. Für Unternehmen, die sich bisher mit klassischen Kennzahlen wie dem Energieverbrauch oder CO₂-Ausstoß befasst haben, ist dies ein komplexer Sprung. Hinzu kommt die Forderung nach konkreten Dekarbonisierungsstrategien, die oft in Konflikt mit den wirtschaftlichen Zielen der Unternehmen stehen. Denn Maßnahmen zur Reduktion von CO₂ sind im Gebäudebestand häufig kostenintensiv und komplex in der Umsetzung. Die Integration dieser Strategien in den alltäglichen Geschäftsbetrieb und die langfristige Finanzierung solcher Vorhaben sind große Hürden.
Vorgehensweise und Organisation: Worauf Wohnungsunternehmen achten müssen
Die Unternehmen der Branche sollten ein schrittweises Vorgehen wählen, das sowohl personelle als auch organisatorische Strukturen berücksichtigt. Es bietet sich an, eigene Projektteams zu bilden, die den Aufbau einer neuen, integrierten Berichtsstruktur betreuen. Hierbei ist eine klare Rollenverteilung wichtig: Projektmanagementkompetenzen, kombiniert mit Fachkenntnissen im Bereich Nachhaltigkeit, sind unerlässlich. Die Einführung von Steuerkreisen und die Einbindung der Geschäftsführung sollten frühzeitig geschehen, um eine kohärente Nachhaltigkeitsstrategie zu gewährleisten.
Gleichzeitig müssen Datenquellen und externe Dienstleister frühzeitig identifiziert werden, um die Qualität der Berichtsdaten sicherzustellen. Dies betrifft insbesondere die energetischen Kennzahlen, die für viele Wohnungsunternehmen die Grundlage der Berichtspflicht darstellen. Ohne valide und konsistente Daten wird es schwer, die strengen Anforderungen der CSRD zu erfüllen.
Neben der erstmaligen Berichterstattung wird ein regelmäßiger Berichtsprozess einzurichten sein, der entlang neuer Erfahrungen weiterentwickelt werden muss. Auch ist zu klären, wie die Prozesse rund um den Jahresabschluss und der Nachhaltigkeitsberichterstattung (als Teil des Lageberichts) zu synchronisieren sind.
Die richtigen Berater finden
Während große Beratungsfirmen den Fokus oft auf die Erfüllung von Kapitalmarktanforderungen legen, bevorzugen mittelständische Unternehmen der Wohnungswirtschaft eine Begleitung, die ihre spezifischen Herausforderungen versteht und pragmatische Lösungen auf Augenhöhe bietet. Gerade die kommunikative und organisatorische Begleitung dieses Transformationsprozesses ist entscheidend, um intern Akzeptanz zu schaffen und die Anforderungen der CSRD sinnvoll in die bestehenden Unternehmensabläufe zu integrieren. Tatsächlich sollte CSRD nicht nur als bürokratische Bedrohung empfunden werden. Allein der Prozess der Wesentlichkeitsanalyse kann völlig neue Einblicke in Risiken und Chancen des eigenen Geschäftsmodells und der gesamten Wertschöpfungskette liefern, und damit wichtige Impulse für eine zukunftsorientierte Unternehmensstrategie geben. Unser Ansatz setzt hier an: Wir verstehen uns als Partner, der die Unternehmen durch die Komplexität der neuen Richtlinien navigiert, ohne den Blick für das Wesentliche zu verlieren. Durch unsere langjährige Erfahrung im Bereich Nachhaltigkeitskommunikation und -management wissen wir, dass die Einbindung aller relevanten Stakeholder und die transparente Kommunikation der Schlüssel zum Erfolg sind.
Die Einführung der CSRD ist für die deutsche Wohnungswirtschaft eine anspruchsvolle, aber auch notwendige Neuerung. Sie zwingt die Unternehmen, sich intensiver mit ihren ökologischen und sozialen Auswirkungen auseinanderzusetzen und eine zukunftsorientierte Strategie zu entwickeln. Doch mit der richtigen Begleitung und einem klaren Fokus können auch mittelständische Unternehmen der Branche den Weg zur nachhaltigen Transformation erfolgreich beschreiten.