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Global Reporting Initiative: G4 ante portas

Global Reporting Angst

Etwa 11.000 Unternehmen weltweit veröffentlichen Nachhaltigkeitsberichte, die sich am Berichterstattungsrahmen der Global Reporting Initiative (GRI) orientieren. Wir bei crossrelations gehören sogar zu den ersten, die schon im Jahr 2000 zusammen mit dem Kunden VAW aluminium den ersten an diesem Standard angelehnten Bericht in Deutschland entwickelt hatten. Die anfängliche Skepsis der Unternehmen gegenüber  den „Guidelines“ schlug bald schon um in eine geradezu selbstverständliche Akzeptanz. Hatten bis dahin die IÖW-Kriterien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung noch großen Einfluss auf das Reporting (auch wenn das ungern eingestanden wurde), schien es den Unternehmen leichter zu fallen, die in einem weltweiten Konsultationsprozess ausgemendelten Indikatorenkataloge der GRI zu erfüllen. Vor allem fanden diese weltweit Anerkennung. Und selbst wenn man sich die externe Validierung durch ein Prüfinstitut sparte, konnte man immer noch zumindest eine „Assurance“-Bestätigung der GRI hinten in den Bericht pappen. Sah irgendwie auch aus wie ein Prüfsiegel.

Wenn am 22. Mai 2013 die Reporting-Community in Amsterdam zusammenkommt, könnte die harmonisierte Welt der Global Reporters ein paar Risse bekommen. In einem zwei Jahre dauernden Konsultationsprozess hat GRI weltweit Ansätze für die Reform der Guidelines diskutieren lassen. Bisher sind von der vierten Generation des Berichterstattungsrahmens (G4) nur Eckpunkte bekannt, die als „G4 Exposure Draft“ in die „Public Comment Periods“ als Diskussionsgrundlage eingebracht wurden. Erst in Amsterdam wird offengelegt werden, welche konkreten Änderungen sich in den Richtlinien niederschlagen werden. Die Diskussionen, auch bei dem Meeting in Deutschland, an dem wir beteiligt waren, lassen Änderungen in folgenden Punkten erwarten:

  • G4 wird voraussichtlich die “Application Levels”  (A, B, C und Plus-Formen) abschaffen. Zu oft wurden diese Levels in Berichten als eine Art Validierung inszeniert. Hinzu kommt, dass diese Selbsteinstufungen immer wieder als Grad der Nachhaltigkeitsleistung interpretiert wurden. Tatsächlich geben diese drei Buchstaben nur einen Hinweis auf den Umfang des dem Reporting zugrunde gelegten Indikatorenrahmens. Der Nutzen der Levels indes scheint bei näherer Betrachtung fragwürdig. Bis heute hat mir niemand plausibel machen können, welchen Vorteil ein nicht-validiertes „A“ gegenüber einem validierten „B“ abseits einer Handvoll von Nachhaltigkeitsanalysten bringen soll. Und für die Kosten einer Validierung lassen sich locker zwei unvalidierte Berichte erstellen… Sollten die Application Levels jedoch tatsächlich abgeschafft werden, darf man gespannt sein, was den Unternehmen als Kompensation für Ihre Kommunikation angeboten werden wird.
  • G4 wird  den Fokus in Richtung Wertschöpfungskette verlagern. Die materielle Suche nach den wichtigsten Auswirkungen entlang dieser Kette könnte sich bei komplexen Produktionen als systematisch schwieriges Unterfangen erweisen.
  • G4 wird die Anzahl der Indikatoren und Kennzahlen erhöhen – von derzeit maximal 79 auf mehr als einhundert. In einer Phase, in der viele Unternehmen schon an ihre Grenzen geraten, das GRI-Excel-Sheet mit diesen Daten einmal im Jahr zu füttern, wird eine Ausweitung des Datenvolumens die Ressourcen mancherorts an ihre Grenzen führen.
  • G4 ist zu sehr von dem Anspruch geleitet, auf dem Weg zur Integrierten Berichterstattung (Geschäftsbericht plus Nachhaltigkeitsbericht) möglichst viele etablierte Standards einzubeziehen. Hier droht ein neues Technokratenmonstrum zu entstehen. Völlig außer Blick gerät dabei der Leser, der (abseits der knapp 20 Analysten), vielleicht tatsächlich einfach nur ein Bild von der ethischen Orientierung, der Verantwortungspraxis und Kultur des Unternehmens erhalten möchte. Für die Kommunikation der Unternehmen könnte ein solcher Bericht damit an Wert einbüßen.
  • Was einst das Ziel von GRI war, durch mehr Substanz und Vergleichbarkeit den Wert und die Aussagekraft der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu verbessern und den Berichten zu mehr Verbreitung und Akzeptanz zu verhelfen, könnte mit G4 empfindlich ausgebremst werden. In der Vergangenheit hat sich GRI bei Updates allerdings sehr umsichtig und pragmatisch verhalten. Es bleibt für uns die Hoffnung, dass den bisherigen Standards 3 bzw. 3.1 ein möglichst großzügiges Moratorium eingeräumt wird. In der Zeit könnten dann auch die Ambitionen von G4 an die Realität angepasst werden.

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