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Non-Reporter: Nicht müssen, nicht wollen, nicht brauchen

In den USA eilt ihre Verbreitung in großen Schritten voran. Im Verantwortungsgerüst der europäischen Industrielandschaft nehmen Nachhaltigkeits- und CSR-Berichte seit Jahren einen festen Platz ein. Selbst in den Boomregionen Brasilien und Indien wetteifern Unternehmen heute um Anerkennung im Corporate Responsibility Reporting. Kein Unternehmen scheint sich den Erwartungen auf den weltweiten Kapital-, Absatz- und Beschaffungsmärkten an die nachvollziehbare und glaubwürdige Dokumentation seiner Verantwortungspraxis entziehen zu können. Kein Unternehmen? Falsch! Und die Rede ist nicht von halsstarrigen gallischen Modernisierungsverweigerern hinter dem Schutzwall der Zivilisation, gemeint sind Non-Reporter.

Es sind durchaus erfolgreiche, respektable Unternehmen, mitunter sogar börsennotiert, die dem Zug der Berichterstatter nicht folgen wollen. Allein jedes vierte der 150 größten deutschen Unternehmen gibt keine gesonderten Informationen zu Nachhaltigkeitsthemen heraus, stellte das IÖW bei der Vorstellung des jüngsten Rankings Ende Februar klar. Insbesondere in den Branchen Versicherungen, Logistik und Handel scheinen soziale und ökologische Themen keine Rolle zu spielen. Wenig Bewegung im Land der fleißigen Musterreporter.

Wie stichhaltig sind die Gründe der Non-Reporter?

Fragt man nach den Gründen tauchen seit Jahren ähnliche Erklärungsmuster auf: Die jährliche Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichtes, die damit verbundene Erhebung der Daten und die kontinuierliche Pflege der Berichterstattung ist mit Kosten verbunden. Zumindest werden diese bei den Unternehmen häufig als Begründung für fehlende Nachhaltigkeitsberichterstattung angeführt (PwC).

Ein anderer, früher häufig angeführter Grund – die unklare praktische Umsetzung durch fehlende Standards – dürfte sich mit der erfolgreichen Etablierung des Berichterstattungsrahmens der Global Reporting Initiative (GRI) erledigt haben. Tatsächlich ist mit deren Einführung zu Beginn des Jahrtausends ein signifikanter Anstieg der weltweiten Berichtsveröffentlichungen einhergegangen.

Ein wesentliches, bis heute fortbestehendes, Gegenargument scheint in der fehlenden spürbaren Nachfrage durch relevante Stakeholder zu bestehen. Ein aus kommunikationspolitischer Sicht nicht ganz von der Hand zu weisendes Argument. Warum sollte ich offenbar zufriedene Stakeholder mit einem Verhalten konfrontieren, dass diese offenbar nicht interessiert? Am Ende wecke ich schlafende Hunde und mache mich vielleicht sogar zur Zielscheibe von NGOs.

An Reporting kommt keiner vorbei

Und doch sollte man das Kräfteparallelogramm der Veränderung nicht unterschätzen. Würde man Anlegern Optionsscheine auf den Einstieg dieser Unternehmen ins Reporting anbieten, sie stünden hoch im Kurs. Es gibt in der Wirtschaftsgeschichte einen Strom der Veränderung, dessen viskose Kraft irgendwann jeden mitnimmt. Wenn die Nachfrage durch Kunden den Reportingimpuls nicht auszulösen vermag, dann schafft es der erste Bericht des Wettbewerbers, oder der Rückgang der Bewerberzahlen nach Mobbingvorwürfen und Konflikten mit der Gewerkschaft.

Fast zehn Jahre verweigerte sich die Führung eines namhaften großen Unternehmens gegen den Rat von Kommunikationschef und Fachabteilung der  Publikation eines Umweltberichts. Nach dem Generationswechsel in der Spitze kam es beim ersten Meeting zum Thema Kommunikation auf den Tisch: „Ich möchte etwas über Ihre Prioritäten lernen. Warum haben wir eigentlich bis heute keinen Nachhaltigkeitsbericht?“ Merke: Irgendwann finden sie alle ins Reporting. Auch wenn die Berichte dann vielleicht schon anders heißen.

Tauchen Sie auf unserer Themenseite auf dem Blog tiefer in das Thema Reporting ein.