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„Da hauen wir doch besser mal ne Warnung raus!“

Schnelle und umfassende Informationsmöglichkeiten über Produkte und Sachverhalte – das verspricht das neue Verbraucherinformationsgesetz (VIG). Doch Behörden, Verbraucherschutzverbände und Unternehmen blicken mit Besorgnis auf die Gesetzesänderungen. crossrelations informiert über die wichtigsten Neuerungen im Lebensmittelrecht, Risiken und Anforderungen an die Unternehmenskommunikation in einer Blog-Reihe.

Nachdem am 1. September 2012 das neue Verbraucherinformationsgesetz (VIG) in Kraft getreten ist, sollen sich Bürger noch schneller und noch umfassender über Produkte und Sachverhalte informieren können als bislang. Bisher hatte das Gesetz Verbrauchern Zugang zu behördlichen Informationen über Lebensmittel ermöglicht. Mit dem neuen Gesetz wird dieser Zugang auf so gut wie alle Konsumgüter ausgeweitet. Außerdem sollen Verbraucher bei Behörden künftig leichter in Erfahrung bringen können, wenn beispielsweise ein Lebensmittelhersteller in der Vergangenheit gegen Gesetze verstoßen hat oder die Hygienevorschriften nicht eingehalten wurden. Auch wurden im Zuge der Novellierung Konsequenzen aus den jüngsten Dioxin-Skandalen verarbeitet, indem Behörden nun verpflichtet werden, Erkenntnisse über Verstöße gegen Vorschriften und selbst vorläufige Untersuchungsergebnisse zeitnah zu veröffentlichen. Das angelsächsische Prinzip des public right to know hält damit auch hierzulande Einzug ins Verwaltungsrecht.

Auf den ersten Blick erscheint das neue VIG wie gute Nachrichten für den Verbraucherschutz. Aber auch ein Verbraucherschutzgesetz kann sich als Mogelpackung erweisen. Vor allem dann, wenn es die Stärkung des einen Grundrechts mit der Beschneidung eines anderen erkauft. Doch dazu später mehr.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

Werfen wir kurz einen Blick auf die wichtigsten Neuerungen:

  • Durch eine Ergänzung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches werden die Behörden in Zukunft verpflichtet sein, alle Rechtsverstöße durch Grenzwertüberschreitungen zu veröffentlichen. Auch sonstige Verstöße – z.B. gegen Hygienevorschriften oder den Täuschungsschutz – müssen in Zukunft veröffentlicht werden, wenn ein Bußgeld von mindestens 350 Euro zu erwarten ist.
  • Die Anhörungsverfahren bei der Beteiligung betroffener Wirtschaftsunternehmen und die Regelungen über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden „gestrafft“. In bestimmten Fällen kann von den zuständigen Behörden nun ganz von einer Anhörung abgesehen werden. Künftig gibt es einen formlosen Informationsanspruch – auch eine Antragstellung per E-Mail oder Telefon ist möglich.
  • Der Geheimnisschutz der Betriebe wird weiter eingeschränkt, so dass mehr Daten mit spezifischem Unternehmensbezug veröffentlicht werden können.

Auch der Rechtsexperte Prof. Gerd Weyland von Krell Weyland Grube (KWG), einer der führenden auf Lebensmittelrecht spezialisierten Kanzleien Deutschlands, bezweifelt, dass das neue Gesetz mit dem europäischen- und dem Verfassungsrecht konform ist: „Es ist bei Anfragen nach dem neuen Recht nicht mehr gewährleistet, dass die betroffenen Unternehmen angehört werden. Das kann zur Folge haben, dass völlig an dem Unternehmen vorbei Informationen ins Internet oder in sonstige Medien gelangen, die dann zu erheblichen Schäden bis hin zum Konkurs eines Unternehmens führen können.“

Warum das neue Verbraucherinformationsrecht auch Behörden in eine schwierige Kommunikationsverantwortung bringt, erfahren Sie im nächsten Teil unserer Reihe. Im dritten Teil gehen wir auf die Konsequenzen für die Kommunikation ein.